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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.09.2006
Aktenzeichen: 15 WF 32/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1565 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1566 Abs. 1
BGB § 1567
ZPO § 630
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

15 WF 32/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 3. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gottwaldt, den Richter am Amtsgericht Neumann und den Richter am Oberlandesgericht Langer

am 7. September 2006

beschlossen:

Tenor:

Der Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Luckenwalde vom 16. Januar 2006 - 31 F 97/05 - wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Frage, ob der Beschwerde abgeholfen wird oder nicht, an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Nichtabhilfeentscheidung ist aufzuheben, weil das Amtsgericht bei der Entscheidung, der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Scheidungsverfahren nicht abzuhelfen, ersichtlich einen für die Entscheidung bedeutsamen rechtlichen Gesichtspunkt übersehen hat. Anders als in der angefochtenen Entscheidung selbst, in der das Amtsgericht noch ausgeführt hatte, der Antragsteller habe die Voraussetzungen für eine Zerrüttung der Ehe gemäß § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht schlüssig vorgetragen, hat es die Nichtabhilfe ausschließlich damit begründet, dass die Voraussetzungen für eine einverständliche Scheidung im Sinne der §§ 630 ZPO, 1566 Abs. 1 BGB nicht vorlägen. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob sich aus dem Beschwerdevorbringen nunmehr ein schlüssiger Sachvortrag zur Zerrüttung der Ehe ergibt, fehlt. Dazu hätte aber Veranlassung bestanden, weil der Antragsteller ergänzend zu seinen Angaben in der Antragsschrift nach Erlass der angefochtenen Entscheidung immerhin noch vorgetragen hatte, dass auch die Antragsgegnerin "zwischenzeitlich zu der Überzeugung gelangt (sei), dass eine Harmonisierung der Ehe und Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Antragsteller ausgeschlossen" sei und sie daher jetzt der Scheidung zustimme, und in der Beschwerdeschrift auf diesen Sachvortrag Bezug genommen hat.

Die Frage, ob eine Ehe (endgültig) gescheitert ist, bezieht sich letztlich auf eine innere Tatsache auf Seiten der die Scheidung beantragenden Partei. Neben dem "äußeren" Umstand des Getrenntlebens im Sinne des § 1567 BGB kann sich das Scheitern der Ehe an weiteren Sachverhalten festmachen, etwa daran, dass einer der Ehegatten sich einem neuen Lebenspartner dauerhaft zugewandt hat, dass es zu unüberbrückbaren Gegensätzen und Auseinandersetzungen zwischen ihnen gekommen ist und vielem mehr. Stets handelt es sich jedoch lediglich um Indizien für das Scheitern, denn - dies belegt die Lebenserfahrung - keiner der vorgenannten oder sonst denkbaren objektiven Umstände belegt umgekehrt zwingend das Scheitern einer Ehe. Manche Ehen bleiben trotz scheinbar unzumutbarer Lebenssituation eines oder beider Ehegatten, z.B. aus wirtschaftlichen Gründen, aufrechterhalten und werden von ihnen im Rahmen ihres Lebensplans nicht als gescheitert empfunden. Mehr als Indizien für die letztlich ausschließlich innere Tatsache, dass die Ehe gescheitert ist, kann eine Partei mithin in der Regel nicht vortragen.

Gemessen hieran kann die Schlüssigkeit des Scheidungsantrages jedenfalls jetzt nicht mehr von vornherein von der Hand gewiesen werden. Ein - wenngleich schwaches, für sich genommen nicht ausreichendes - Indiz für das Scheitern einer Ehe ist in der Regel bereits der Umstand, dass ein Ehegatte - hier der Antragsteller - die Scheidung beantragt. Ob ein Scheidungsantrag "verfrüht" in dem Sinne ist, dass die Ehe sich letztlich nicht als endgültig gescheitert darstellt, ist vom Gericht im Verfahren festzustellen, berührt aber die Schlüssigkeit des Antrags nicht. Weiteres Indiz (nicht jedoch Beweis) für das Scheitern der Ehe ist in der Regel die Zustimmung des anderen Ehegatten (Antragsgegnerin) zur Ehescheidung, und zwar unbeschadet dessen, ob es sich um eine Zustimmung handelt, die in Inhalt und Form den Voraussetzungen des § 1566 Abs. I BGB genügt. Hier soll die Antragsgegnerin der Scheidung inzwischen zustimmen. Ob diese Umstände in ihrer Gesamtheit bereits ausreichen, das Scheidungsbegehren als schlüssig anzusehen, hat das Amtsgericht bei seiner Nichtabhilfeentscheidung indes nicht geprüft.

Vor diesem Hintergrund tragen die Gründe der Nichtabhilfeentscheidung nicht, so dass sie aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Frage, ob der Beschwerde abzuhelfen ist oder nicht, an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO in entsprechender Anwendung.

Ende der Entscheidung

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